Interview mit Bassist Shaun Cooper von TAKING BACK SUNDAY

(2015)

Wie waren die bisherigen Shows?

Shaun Cooper: Oh, die waren super! Wir sind mittlerweile drei Wochen unterwegs. Bevor wir rüber ins UK flogen, waren wir schon in Deutschland und jetzt noch einmal für ein paar Shows.

Als ihr im Februar das letzte Mal hier gespielt habt, war „Happiness is…“ noch nicht draußen. Wie nehmen die Leute jetzt die neuen Songs auf?

Erstaunlich gut, was uns richtig überrascht hat. Wir haben einige Leute gesehen, die scheinbar alle Songs von „Happiness Is…“ kennen, aber wenig oder nichts von „Tell All Your Friends“ und umgekehrt. Die Fans sind da ganz verschieden und das macht es für uns interessant.

Ich finde „Happiness Is…“ ist etwas ruhiger, vielleicht sogar trauriger, als eure bisherigen Alben. Was habt ihr euch beim Songwriting vorgenommen?

Eigentlich nehmen wir uns nie irgendetwas Bestimmtes vor, sondern schreiben einfach Songs.
Es gibt also keinen Plan, dass das Album trauriger oder rockiger klingt, sondern das entsteht erst beim Songwriting. Die Ausrichtung der Songs ist also eher ein natürlicher Prozess.

Interview mit Bassist Shaun Cooper

Das ist jetzt euer zweites Album seit der Reunion mit dir und Mike. Hat sich irgendetwas an eurer Arbeitsweise im Vergleich zum Vorgänger „Taking Back Sunday“ geändert?

Nein, da gibt es keine großen Unterschiede. Es sind immer wir fünf im Proberaum, die an den Songs werkeln. Aber nach den letzten Jahren fühlten wir uns bei diesem Album sicherer. Wir kennen uns besser und konnten als Musiker sowie Songwriter wachsen. Wenn man jeden Abend Gigs gibt, dann verbindet das einen mit der Zeit.

Nach sechs Alben: Werdet ihr da noch von irgendwas beeinflusst oder verfallt ihr in einen bestimmten Modus um Songs für genau diese Band zu schreiben?

Wir sind da ganz offen und von völlig anderen Dingen beeinflusst. Bei uns läuft ständig Musik im Bus. Gestern Abend zum Beispiel haben wir GEORGE HARRISON gehört. Oder FLEETWOOD MAC.
Wir hören noch immer viel Musik mit der wir aufgewachsen sind. Da schnappen wir vielleicht auch ein paar Ideen auf, wie verschiedene Akkordfolgen oder so etwas.

Als erste Single habt ihr ‚Flicker Fade‘ gewählt. Warum genau diesen Song? Eure zweite Singleauskopplung
‚Stood A Chance‘ wäre doch eine etwas typischere Wahl gewesen.

‚Flicker Fade‘ repräsentiert das Album recht gut und gibt den Leuten einen Eindruck, worum es uns geht. Obwohl ‚Stood A Chance‘ etwas poppiger und für uns typischer ist, würde es niemanden überraschen. Auch wenn ich den Song selbst sehr mag, allerdings würde es nicht ausdrücken, worum es uns bei „Happiness Is…“ geht.

Mittlerweile seid ihr bei Hopeless Records unter Vertrag. Warum habt ihr genau dieses Label ausgewählt und was sind die Unterschiede im Vergleich zu euren Erfahrungen mit Major Labels?

Die Leute von Hopeless sind sehr gut, was das Marketing angeht. Sie sind sehr interessiert an uns und auch an unseren Ideen, wie etwa Vinyl zu pressen. Ich denke, dass sie die Szene besser verstehen als ein Major. Wenn ein Album gut ist, dann will ich es als Vinyl haben und nicht nur als MP3. Genau das verstehen sie sehr gut und unterstützen die Bands dabei. Als wir noch bei Warner waren, haben wir kaum Pressearbeit in Europa gemacht, während Hopeless die Sache anders angeht.

Wie steht ihr eigentlich dazu, dass bei euch die Tage mit Gold-Auszeichnungen und MTV-Airplay vorbei sind? Oder ist das sogar etwas Gutes, weil ihr jetzt nur noch vor Leuten spielt, die sich wirklich für eure Musik interessieren und nicht nur ein, zwei Songs aus dem Fernsehen gut finden?

Die Goldauszeichnungen und so waren sicherlich schon nicht schlecht, aber ich bin eher stolz auf unsere lange Karriere und dass sich noch immer Leute für uns interessieren. Wir spielen immer noch recht große Shows, auch wenn es hier in Europa schon etwas kleiner ist. Aber wir haben Fans, die seit Langem dabei sind und uns noch immer sehen wollen. Zumal „Happiness Is…“ in den USA in den Top10 eingestiegen ist, was für eine Rockband nicht selbstverständlich ist heutzutage.

Interview mit Bassist Shaun Cooper

In einem Interview von Buddy Nielson von SENSES FAIL habe ich gelesen, dass er Songs von ihrem Debüt mittlerweile nicht mehr so gerne spielt, aber dass er es für die Fans dennoch macht. Wie ist das bei euch? Ist es irgendwo nervig, dass viele euch scheinbar auf eure ersten beiden Alben reduzieren?

Oh, nein gar nicht! Zumal, wie schon gesagt, mittlerweile gibt es auch Fans, die scheinbar nur die neueren Sachen wie ‚Flicker Fade‘ kennen. Unser Publikum ändert sich mit jeder Phase und es kommen immer neue Fans dazu. Ich finde das schon cool, da man so vielleicht auf Konzerten auch auf unser altes Material aufmerksam wird – und umgekehrt, dass alte Fans sich unsere neueren Platten anhören. Es ist so: Wir lieben „Tell All Your Friends“, hätten aber aus heutiger Sicht sicherlich manche Sachen anders gemacht. Es ist ein
starkes Album, welches die Zeit überdauert hat.

Zum 10. Geburtstag von „Tell All Your Friends“ wart ihr Unplugged auf Tour und habt das Album performt. Würdet ihr gerne noch einmal so eine Tour machen? Vielleicht auch mit Songs von allen Alben? Und hätte sowas auch eine Chance in Europa?

Sicher! Wenn genug Interesse seitens der Fans besteht wäre das eine interessante Sache. Es hat richtig Spaß gemacht die Songs von einer anderen Seite anzugehen und sich damit zu beschäftigen wie sie als Akustik-Version funktionieren.

Wie steht ihr eigentlich zu eurer 2009er LP „New Again“? Ihr spielt davon so gut wie nie Songs seit der Reunion. Findet ihr das Album vielleicht schlecht?

Auf keinen Fall. Ich finde, dass „New Again“ ein ordentliches Album war. Als John und ich zurück zur Band kamen, waren wir einfach froh wieder mit den Jungs zu spielen und waren offen für alles. Der Rest der Band wollte allerdings nichts von der LP spielen. Aber ich persönlich hätte kein Problem damit. ‚Everything Must Go‘ ist ein super TAKING BACK SUNDAY-Song, der sich auch gegen die offensichtlichen Hits behaupten kann.

Text by Sebastian Berning